Weihnachtsgeld,
Interview mit der Rhein-Main-Presse vom 19.12.2013
Manche haben es schon, andere warten noch darauf: aufs Weihnachtsgeld. Doch wer bekommt dieses Extra und wann kann man es einklagen? Wir haben mit Robert Krusche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, über dieses Thema gesprochen.
Herr Krusche, wann und in welcher Höhe haben Arbeitnehmer Anspruch auf Weihnachtsgeld?
Immer dann, wenn es im Arbeits- oder Tarifvertrag steht. Auch die Höhe ist hier geregelt. Wenn vertraglich nichts vereinbart ist, besteht in der Regel kein Anspruch.
Gibt es Ausnahmen?
Ja. Wenn ein Arbeitgeber drei Jahre hintereinander Weihnachtsgeld an seine Mitarbeiter bezahlt hat, entsteht eine sogenannte betriebliche Übung. Das heißt, der Arbeitnehmer hat ab sofort Anspruch auf Weihnachtsgeld.
Der Arbeitgeber muss also nach dreimaliger Zahlung jedes Jahr Weihnachtsgeld bezahlen?
Leider nein. Wenn der Arbeitgeber vor oder mit der Zahlung mitteilt, dass die Zahlung freiwillig erfolgt und auch nach wiederholter Zahlung keinen Rechtsanspruch begründet, wird sie als einmalig angesehen. Diese Formulierung wäre im Arbeitsvertrag allerdings unzulässig. Hier muss sich der Arbeitgeber entscheiden: Entweder will er zahlen, dann ohne Ausnahme, oder eben nicht.
Darf es sein, dass Teile der Belegschaft Arbeitsgeld bekommen, andere nicht?
Eigentlich nicht. Zahlt der Arbeitgeber zum Beispiel seinen Vollzeitkräften Weihnachtsgeld, muss er auch die Teilzeitkräfte berücksichtigen. Dennoch kann es vorkommen, dass manche Geld bekommen, andere nicht. Zum Beispiel dann, wenn laut Tarifvertrag kein Weihnachtsgeld vorgesehen ist, Mitarbeiter mit außertariflichen Verträgen aber Geld ausgehandelt haben.
Wie lange haben Arbeitnehmer Zeit zur Klage, wenn sie feststellen, dass ihnen Weihnachtsgeld zusteht, der Chef aber nicht zahlt?
Im Normalfall muss der Chef rückwirkend bis zu drei Jahre bezahlen. Danach ist der Anspruch verjährt. Allerdings gibt es in vielen Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen zulässige Klauseln, die festlegen, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich beim Arbeitgeber geltend machen muss.
In der Regel wird ein Betroffener entweder gleich klagen beziehungsweise es ganz sein lassen, oder?
Jeder Angestellte überlegt es sich zweimal, ob er Weihnachtsgeld von seinem Chef einklagt, bei dem er weiterhin arbeitet. Anders sieht es bei einer Kündigung aus. Besteht die Dreimonatsregel für die Anmeldung von Ansprüchen nicht, kann der Arbeitnehmer nach seiner Kündigung rückwirkend Weihnachtsgeld für drei Jahre einklagen, sofern Anspruch bestanden hat.
Können Arbeitgeber auch nach Vertragsabschluss das Weihnachtsgeld noch aus dem Vertrag streichen?
Nicht direkt, aber sie haben die Möglichkeit zum Widerrufsvorbehalt. Die Widerrufsgründe, wie zum Beispiel die schlechte wirtschaftliche Lage der Firma, müssen aufgeführt und klar und eindeutig formuliert sein. Der Widerruf muss frühzeitig erklärt werden und nicht erst am Ende, wenn also der Arbeitnehmer schon seine Leistungen im Jahr überwiegend erbracht hat.
Das Weihnachtsgeld ist also ein Dankeschön für die geleistete Arbeit. Steht den Angestellten anteilig Weihnachtsgeld zu, wenn sie zum Beispiel im Juli kündigen?
Das kommt auf die Vereinbarung an. Weihnachtsgeld kann so vereinbart werden, dass es für die Betriebstreue, also als Gratifikation, gezahlt wird. Das ist unter anderen dann der Fall, wenn zum Beispiel festgelegt ist, dass der Anspruch nur entsteht, wenn zum Auszahlungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist, eine Wartezeit vereinbart wurde oder eine Rückzahlungsklausel, wonach das Geld zurückzuzahlen ist, wenn der Arbeitnehmer bis zum 31. März des Folgejahres ausscheidet. Ein anteiliger Zahlungsanspruch bei unterjährigem Ausscheiden kommt dann nicht in Betracht.
Und wenn es keine Gratifikation ist?
Ist der Sinn und Zweck als Gratifikation nicht eindeutig festgelegt und das Weihnachtsgeld soll die Dienste zusätzlich zum Lohn honorieren, hat die Zahlung Entgeltcharakter. Dann hat der Arbeitnehmer bei unterjährigem Ausscheiden einen anteiligen Zahlungsanspruch. Der Nachteil dieser Regelung: Geht ein Arbeitnehmer in Elternzeit oder ist länger als sechs Wochen krank, kann der Arbeitgeber in diesem Jahr auch das Weihnachtsgeld kürzen.
Das Interview führte Conny Haas